Ausgabe Nr. 76 - Oktober/November/Dezember 2018
Inhalt
-
Danza – Rob Doolaard & Inez van Beusekom - Drei Jahrzehnte im Tangohimmel, von Dani Buijtenhek
-
Serie – Lehrerausbildung - … mit Tine Weiß & Mark von Rahden, von Christel und Bernd Stoll
-
Música – Neuer deutscher Tango - Iwan Harlans ‚Tango Alemán’, von Peter Mötteli
-
Focus – Tangotanzen für Europa - „Wir sprechen dieselbe Sprache“, von Margarita Traunert
-
Ambiente – Sueño Porteño - Eine besondere Milonga im Club Gricel, von Anna Fiore
-
Körperarbeit – Yoga für Tango - Wie Yogaübungen den Tanz unterstützen können, von Susanne Mühlhaus
-
Moda – Birgit Tango Fashion - Bunte Stoffe aus der ganzen Welt, von Jutta Haa
-
Libros – Manuela Bößel & Peter Ripota - Männer führen, Frauen folgen, von Claudia Tiemann
-
Historia – Osvaldo Pugliese - Der Schutzheilige der argentinischen Musiker, von Olli Eyding
-
Historia – Ausgewählte Tangos - Corrientes y Esmeralda, von Olli Eyding
-
Música – Die Musik der Unendlichkeit - Julia Jech, Tango-Geigerin aus Wuppertal, von Adriana Kortlandt
-
Galeria – Delphine Grenier - Tierischer Tango, von Christa Martin
-
Festival – Tango For Musicians - Musikprojekt erstmals in Dresden, von Thomas Gottschalk und Max Peschek
-
Focus – Héctor Devia - Das Portrait eines Zeitzeugen Teil 2, von Eduardo Minutella
-
Danza – Gioia Abballe & Simone Facchini - Eleganz, Präzision und italienische Leidenschaft, von Sylvie Wallmen
-
Libros – Volker Sommer - Den traurigen Gedanken tanzen, von Gunther Möllmann
-
Special Event – Tipps für den Herbst - Runde Jubiläen in Stuttgart, St. Gallen und Innsbruck
-
Danza – Hugo Mastrolorenzo - „Der Tango muss noch grausamer werden“, von Jürgen Ramspeck
-
Galería – Ars Tango - Eine Kunstausstellung in Düsseldorf, von Hanna Schatten
-
Música – Der Tango-Botschafter - Ein Rückblick auf Werk und Schaffen von Juan José Mosalini, von Jürgen Bieler
-
Veranstaltungen – Tanzen und erleben - Tango-Bälle mit Livemusik, Konzerte, Shows, Ausstellungen
-
Tanzkalender – Tanzen gehen - Milongas und Tangosalóns in Deutschland
-
Tanzkalender – Tanzen gehen - Milongas und Tangosalóns in Europa
-
Veranstaltungen – Tango im Radio
-
Workshops – Tanzen Lernen - Überregionale Angebote an Wochenenden
-
CD-Recensiones – Neue CDs - Gehört und bewertet von unseren Autoren
-
Workshop – Leichter in Verbindung gehen - Tango und Gewaltfreie Kommunikation, von Ulrike Pastoor
-
Libros – Marie - Ein Tango-Roman von Walter Messner, von Vanessa Kunke
-
Política – Väter der Diktatur - Töchter und Söhne wollen vor Gericht aussagen dürfen, von Camilla Landbø
-
Noticias – Nachrichten & Kurzmeldungen aus der Tangowelt
-
Feedback – Leserbriefe - Kritische Anmerkungen unserer Leser
Tangodanza Team: Alexander Ringler, Andrea Konschake, Christine Grunert, Olaf Herzog
Leseprobe der Tangodanza Ausgabe Nr. 76 - 4.2018
Danza Hugo Mastrolorenzo - Der Tangorebell von Jürgen Ramspeck Der Tänzer, Choreograf und Buchautor Hugo Mastrolorenzo bricht mit voller Wucht alle Konventionen – und wird dafür sogar noch belohnt: mit dem Weltmeistertitel im Bühnentango. Damit ist der Dialog zwischen den Avantgardisten und den Traditionalisten eröffnet. Die Siegerpose lässt die Tangowelt wie auf einem Gemälde für eine Sekunde stillstehen. Die Tänzerin in perfekter Körperspannung den Kopf weit nach hinten gestreckt, Augen geschlossen, in breitem Ausfallschritt, der von ihrem weißen Kleid gleichsam umschmeichelt wird. Gehalten wird sie an der Taille vom Oberarm des Tänzers, der auf einem Bein kniet und die Tänzerin wie ein Raubtier seine Beute im Arm hält. Doch Hugo Mastrolorenzo und Agustina Vignau haben mit dieser Pose kein perfektes Tango-Gemälde geschaffen vielmehr zerstören sie es mit zahlreichen Details. Ihr Kleid scheint eher aus einem britischen Adelshaus der 50er-Jahre zu stammen. Neben dem Paar ist ein weißer Vogelkäfig aufgestellt, aus dem vor wenigen Sekunden ein roter Luftballon aufgestiegen ist. Sein Anzug grau, speckig, schmutzig und faltig, seine Haare ohne Gel, stattdessen strohblond mit Seitenscheitel. Die Augen weit aufgerissen, seinem Mund scheint ein stummer Siegesschrei zu entweichen. ... |
|
Danza Rob Doolaard & Inez van Beusekom - Drei Jahrzehnte im Tangohimmel von Dani Buijtenhek „Hi, wir sind Rob und Inez und tanzen schon das ganze Leben zusammen – vor und hinter der Bühne.“ So stellen sich die beiden mir spontan vor, als ich sie Mitte August im sommerlichen Amsterdam, wo Inez wohnt, zum Interview treffe. Die beiden haben eine Fernbeziehung. Rob hat ein Haus – eine ehemalige Dorfschule – in Groningen gekauft, etwa 200 km entfernt. Und doch sind die beiden unzertrennlich und eigentlich immer zusammen. „Ich war sofort unsterblich in Rob verliebt, als ich ihn damals beim Zeichenstudium in der Rietveld Kunstakademie in Amsterdam sah, und das ist bis heute so geblieben – wenn auch seine tiefschwarze Haarpracht von damals mittlerweile grau geworden ist“, erinnert sich Inez an damals und lacht. „Es hat sich einfach so ergeben, dass ich in Amsterdam günstig eine Wohnung und Rob diese alte Dorfschule in Groningen kaufen konnte. Durch unser ‚Doppelleben‘ haben wir uns einen landesweiten Einzugsbereich aufbauen können und unsere Aktivitäten auf zwei wichtige holländische Städte verteilt.“ Rob und Inez – ein Begriff in der holländischen Tangowelt. Die beiden haben so ziemlich in jeder Stadt Schüler und sind überall aufgetreten. Insbesondere ihre Auftritte mit Carel Kraayenhofs ‚Sexteto Canyengue‘ haben sie landesweit bekannt gemacht. ... |
|
Galería Delphine Grenier - Tierischer Tango von Christa Martin Seit ich sie gesehen habe, erkenne ich sie in den Milongas gleich wieder: die Eule, den Wolf, das Kaninchen oder den Frosch aus dem Grafikzyklus Zootango von Delphine Grenier. Ihre Fabeltiere offenbaren Gefühle und Eigenschaften der Tangueros und Tangueras besser als so manche Fotografie. Delphine Grenier, Absolventin der Kunstakademie Straßburg, ist bildende Künstlerin, Kinderbuchautorin, Dichterin und Tänzerin. Sie stellt nicht nur Skulpturen, Druckgrafiken und Buchillustrationen her, sondern bringt ihre Geschöpfe auch zum Sprechen und sogar zum Tanzen. Nach Jazz- und Modern Dance fand sie in den 90er-Jahren zum Tango. Vertraut war er ihr schon seit Kindertagen durch ihre Großeltern, die eine Zeit lang in Argentinien gelebt hatten. Ihre Erfahrungen aus den Milongas gestaltet sie in Bildern, Texten und Performances. Delphines Atelier befindet sich in einer ehemaligen Pelzfabrik im Pariser Vorort Montreuil. Als sie uns hereinführt, ist schon jemand da: ein Herr in weißem Hemd und schwarzer Hose mit Hosenträgern. Er steht an der Wand, halb von einem Vorhang verdeckt. Da steht er schon seit 20 Jahren und wird für die Performances hervorgeholt, die man auch auf den Videos in Delphines Internetauftritt betrachten kann. Innig umarmt lässt sie sich von ihm zu den Klängen von Hotel Victoria führen – doch nein, sie ist es, die die Musik interpretiert: Seine rechte Hand ist an ihrer Taille befestigt, seine Füße an ihre Knöchel geschnallt, die Hasenohren auf seinem Kopf aus Stoff wippen im Takt. So drehen die beiden sich auch zum Vals Corazón de oro oder legen eine flotte Milonga Brava aufs Parkett. .... |
|
Historia Osvaldo Pugliese - Der Schutzheilige der argentinischen Musiker von Olli Eyding „Tango ist ein Baum, der immer Früchte tragen wird, denn er wächst und gedeiht auf fruchtbarem Boden: der Seele der Menschen“ – Zitat: Osvaldo Pugliese1. Seine Musik begeistert und verwirrt. Sie zählt zum Reichsten und Vielfältigsten innerhalb des Tango Argentino. In Argentinien verehrten manche ‚San Pugliese‘, der für sein Wohlwollen und seine Milde bekannt war, wie einen Heiligen. Pugliese und seine Musiker prägten über Jahrzehnte maßgeblich die Entwicklung des Tango und erlebten als einziges der großen Orchester den neuerlichen Tangoboom seit den 1980er-Jahren. Eine zum richtigen Zeitpunkt gespielte Pugliese-Tanda ist für viele Tänzer der Höhepunkt einer Milonga. Werfen wir einen Blick auf diesen außergewöhnlichen Menschen und seine Musik. Aus einer armen, kleinbürgerlichen Musikerfamilie stammend, wuchs Osvaldo im Tango-Arbeiterviertel Villa Crespo inmitten von Fabriken und Conventillos auf. Schon im zarten Alter von neun Jahren erwachte seine Leidenschaft für das Klavier. Bald darauf unterstützte er das knappe Familienbudget nicht nur als Schuhputzer und Zeitungsjunge, sondern auch mit Pesos, die er in Cafés und Stummfilmkinos als Pianist verdiente. Wie viele seiner Generation genoss er wenig schulische Bildung und tauchte, noch halb Kind, als Musiker ins Nachtleben des Viertels ein. ... |
|
Música Neuer deutscher Tango - Iwan Harlans ‚Tango Alemán’ von Peter Mötteli Deutscher Tango ist keine neue Erscheinung. Die meisten Unterhaltungs- und Tanzorchester haben ab den 20er-Jahren den Argentinischen Tango adaptiert und in ihr Repertoire integriert. Tango gehörte zu den Tanzabenden wie Foxtrott, Walzer und andere Standards. Komponisten und Musiker aus dem Osten – Pola Negri, Marek Weber, Barnabás von Géczy seien hier stellvertretend genannt – haben den Tango salonfähig gemacht und präsentierten ihn mit Texten, die selbstverständlich von der Liebe sangen: oft witzig-ironisch und komisch, in ihrer reingewaschenen Harmlosigkeit dem platten Schlager aber ähnlicher als dem Argentinischen Tango mit seinen Texten, die zu dieser Zeit in Buenos Aires geschaffen und vorgetragen wurden, 'not-wendigen' Texten, die neben rebellischem Aufbegehren auch Erleichterung, Hoffnung und Ausweg aus sozialem und persönlichem Elend versprachen. Jedenfalls: Im Tango "Aus deinen Augen strahlt mir das Glück" oder "Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt – und vom Himmel die bleiche Sichel des Mondes winkt", von Rudi Schurike in Caprifischer besungen, geht es natürlich um die Liebe, "aber was für eine Liebe ist das? Es ist die Liebe eines Nachtarbeiters, der zur Zeit, da der Mond malerisch am Himmel steht, nicht bei seiner "bella Marie" sein kann, also kommt auch kein Zuhörer auf dumme Gedanken. ... Der Tango der Fünfzigerjahre war in all seinen Gedanken und Regungen garantiert keim- und jugendfrei: Ein Mann, der seiner Schönen mit Kreide in der Stimme versichert, er komme erst morgen früh zurück, also zu der Zeit, da kein Bett ihrer Liebe drohe, ein solcher Mann passt gnadenlos in die Stimmung der Fünfzigerjahre." ... |
|
Moda ‚Birgit Tango Fashion’ - Bunte Stoffe aus der ganzen Welt von Jutta Haas Birgit Jäger treffe ich sporadisch auf hiesigen Milongas. Immer bestens und außergewöhnlich gekleidet fällt sie in der Menge der Tangueras auf. Irgendwann kommt mir zu Ohren, dass sie ein Atelier hat und professionell Tangokleidung näht und verkauft. Das macht mich neugierig … Was muss gute Tangokleidung können? Schön, praktisch, bequem sein? Wer Tango tanzt, befasst sich unweigerlich irgendwann mit diesen Fragen. So auch Birgit. Als sie vor über zehn Jahren in Mannheim und Heidelberg auf die ersten Milongas ging, stellte sich auch für sie die Kleiderfrage. Geeignete Stücke gab es in wenigen Läden in Berlin, damals jedoch noch nicht im Heidelberger Raum. Tangokleidung – die sollte besonders sein: nichts in schwarz, möglichst knitterarm, passend zu ihrem Typ, leicht und luftig. Was also tun? Die Nähmaschine, die lange unbenutzt auf dem Dachboden stand, war verstaubt. „Mit einem schönen Beutel für Tangoschuhe fing ich an“, so Birgit, „und der sollte ein Geschenk für einen Freund sein.“ Mit passendem Stoff und etwas Geduld wurde der Beutel eine Überraschung, die so gut ankam, dass sich Birgit auch an Tangokleidung traute. ... |
|
CD-Recensión Solo Tango Orquesta - Nuestro von Peter Mötteli ‚Solo Tango‘ ist ein Live-Orchester! Die Musiker entfalten ihr Potential in der Kommunikation mit dem Publikum, ganz wie es damals in der Época de Oro üblich war. Ein selbst erlebter Abend am Festival Ostertango in Basel: Alexander Ryazanov, der Violinist von ‚Solo Tango‘ (das Cuarteto wurde an diesem Abend um ein zusätzliches Bandoneon und eine weitere Violine ergänzt), kündigt das letzte Set an, aber erst eine halbe Stunde später ist Schluss. In einer unglaublichen Spirale feuern sich Tanzende, Zuhörer und Musiker gegenseitig an, fast bis ins Delirium. Einige unterbrechen das Tanzen und bleiben mit offenem Mund am Bühnenrand stehen. Ilya Alpeev strahlt ungebremste, fast clowneske Fröhlichkeit aus – ganz untypisch für einen Bassisten – , während Pavel Ratynskii mit dem Bandoneon souverän seine Rolle als Frontman zuvorderst auf der Bühne wahrnimmt. Artem Timin, dieser Titan am Klavier, hält die Gruppe kraftvoll zusammen, ohne sie je zu dominieren. Die fünfte CD der vier gebürtigen Russen vermittelt diese unbändige Spiellust und stupenden Kompetenzen so gut, wie es eine CD eben vermag. 13 Titel sind versammelt, niemand singt, sieben Stücke sind Eigenkompositionen, insgesamt finden wir zehn Tangos und drei Valses. Unser absoluter Favorit ist die Komposition von Alexander Ryazanov Vals de Invierno, glasklar in der Struktur, interpretiert auf höchstem Niveau, nichts stört, alles ist positiv und sehr 'durig'. ... |
|
Kunden, die diesen Artikel gekauft haben, kauften auch...
Meinungen
Kundenrezensionen:
Autor: Eugen V. am 27.10.2018
Bewertung:
Rezension:
Nicht nur die Titelseite weicht endlich mal wohltuend von dem sonst Tanzpaarlastigen Posendrang ab . Auch insgesamt ist diese Ausgabe wieder ein voller Zugewinn in der immer ärmer werdenden Tango Argentino Berichterstattung.