Ausgabe Nr. 74 - April/Mai/Juni 2018
Inhalt
- Danza – Maria Belén & Santiago Giachello - Mit dem Geschwisterpaar ‚Los Giachello’ hat Sylvie Wallmen gesprochen
- Música – Astor Piazzolla - Tango Nuevo – Ein Portrait von Gerhard Litterst
- Historia – Osvaldo Fresedo - ‚El Pibe del Paternal’ – Ein Portrait von Olli Eyding
- Historia – Ausgewählte Tangos - El Once – Den Hintergrund zu diesem Lied kennt Olli Eyding
- Música – Romántica Milonguera - Mehr Weiblichkeit auf der Tangobühne, von Karin Betz
- Ambiente – Porta Nigra - Antikes Flair in Trier hat Dana Marietta Schuster erlebt
- Libros – Tango berührt und verführt - Das Buch von Robert Röhrig hat Claudia Tiemann gelesen
- Reise – TangoSafari - Auf der Jagd nach dem Tango in der polnischen Provinz, von Jutta Haas
- Portrait – Judita Zapatero - „Richte dich auf!“, riet sie auch unserer Autorin Gerhild Schulz
- Galeria – Totentanz - Bronzeskulpturen von Uwe Spiekermann stellt Baerbel Brokate vor
- Danza – Germán Cassano & Liliana Espinosa ... - empfinden den Tango Argentino als Geschenk, weiß Ubaldo Pérez-Paoli
- Música – Christian Bakanic - Mit dem Ausnahmemusiker am Akkordeon sprach Bernhard Siegl
- Portrait – Karin Schneider - Frauenpower aus der Schweiz, von Angela Weber
- Ambiente – Die Rote Bar - Tanz-Romantik und Tango-Avantgarde in Wien stellt Bernhard Siegl vor
- Libros – Ralf Sartori - Band 2 und 3 seiner Berlin-Buch-Trilogie stellt Dana Marietta Schuster vor
- Política – Korruption à la Kirchner - Bestechung als eine nicht auszurottende Seuche beschreibt Josef Oehrlein
- Portrait – Tango La Vida - Im Herzen der Gemeinschaft auf Schloss Blumenthal hat Thomas Wanner getanzt
- Essay – Die Leben der Anderen - Ein Essay von Olli Eyding
- Música – Sverre Indris Joner - Den norwegischen Komponisten stellt Arndt Büssing vor
- Veranstaltungen – Tanzen und erleben - Tango-Bälle mit Livemusik, Konzerte, Shows, Ausstellungen
- Tanzkalender – Tanzen gehen - Milongas und Tangosalóns in Deutschland
- Tanzkalender – Tanzen gehen - Milongas und Tangosalóns in Europa
- Veranstaltungen – Tango im Radio
- Workshops – Tanzen Lernen - Überregionale Angebote an Wochenenden
- CD-Recensiones – Neue CDs - Gehört und bewertet von unseren Autoren
- Tango & Film – Tango zu Besuch - Den Film von Irene Schüller hat sich Vanessa Kunke angeschaut
- Discusión – Männlich und alleine - Eine andere Perspektive von unserem Leser Johann Gmelch
- Feedback – Leserbriefe - Rückmeldungen unserer Leser und Leserinnen
- Noticias – Nachrichten & Kurzmeldungen aus der Tangowelt
Tangodanza Team: Alexander Ringler, Andrea Konschake, Christine Grunert, Olaf Herzog
Leseprobe der Tangodanza Ausgabe Nr. 74 - 2.2018
Danza Maria Belén & Santiago Giachello - Zeit zurückzukehren von Sylvie Wallmen Wenn man die beiden Vals tanzen sieht, hat man das Bild kindlicher Freude und Unbefangenheit vor Augen. Sie haben dieses Gefühl über die Jahre hinweg bewahrt, obwohl sie eine Zeit lang eigene Wege gegangen sind. Anfang 2017 hat das Geschwisterpaar ‚Los Giachello’ seine Rückkehr auf die internationalen Bühnen mit einem humorvollen Video bekannt gegeben. ‚Il est temps de revenir‘ (Es ist Zeit zurückzukehren) lautet das Motto des Kurzfilms, in dem Santiago einen Clown spielt. Mit seinen bunten Luftballons lenkt er die Aufmerksamkeit der beiden Jungen auf sich, mit denen eine junge Mutter gerade durch den Park spaziert – und wird schließlich mit einem Tango belohnt. ... |
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Música Astor Piazzolla - Tango Nuevo von Gerhard Litterst International betrachtet, steht der einstige Tango-Revolutionär Astor Piazzolla (1921-1992) trotz einer musikalischen Architektur, die – abgesehen von einigen wenigen melodisch besonders eingängigen Canciones und Instrumentalstücken – keine Breitenwirksamkeit erzeugt, als das personifizierte Synonym für argentinische Tangomusik da. Nicht einmal die geschmeidige Goldkehle Carlos Gardel kann diesen Platz an weltweiter Popularität beanspruchen, sondern wird auf Platz 2 verwiesen. Dabei hat, wie so häufig, in seiner Heimat Argentinien alles anders begonnen, und es war wieder einmal die goldene Lebensregel ‚Authentizität, Eigenwilligkeit und Durchhaltevermögen’, die die Wende und mit ihr den Langzeiterfolg brachten. ... |
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Música Romántica Milonguera - Mehr Weiblichkeit auf der Tangobühne von Karin Betz Polka Dots und wahnsinnig rote Lippen ... die Sängerin Marisol Martinez schlängelt sich im engen, schwarzweißen Retrokleid über die Tanzfläche eines alten Saals mit viel Holz und Plüsch bis zum Orchester und beginnt zu singen: „Cuando las flores de tu rosal vuelvan más lindas a florecer ... (Wenn die Blumen deines Rosengartens wieder in voller Pracht erblühen ...).“ Ja, das ist die erste Zeile von Poema. Selten hört man diesen Tango, den viele überhaupt nur in der Aufnahme von Francisco Canaro mit Roberto Maida von 1935 kennen, in der Version eines zeitgenössischen Orchesters. Und dann noch von einer weiblichen Gesangsstimme und mit so unverhohlen erotischer Pose. Wunderbar unerhört ist das. ... |
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Galería Totentanz - Bronzeskulpturen von Uwe Spiekermann von Baerbel Brokate Es ist die Nacht der Museen in Hannover. Eine der Museumshallen ist von Tangoklängen erfüllt. Für eine Milonga ist der Steinboden eher ungeeignet, und die Drehungen auf stumpfen Boden lassen dem Gehen beim Tango schnell eine ganz neue Bedeutung zukommen. Die Tänzer legen die Virtuosität ihrer Führung auf die gerade Linie. Meine Blicke treffen auf Uwe – Cabeceo. Wir gehen aufeinander zu, und während sich unsere Arme zu den ersten Klängen langsam zum Tanz umfassen, entschuldigt er sich bereits leise für die Drehungen auf dem Steinboden. Ich folge ihm – und habe es nicht bereut. Nach dieser Tanda war mir klar: Dieser Tänzer hat den ‚Dreh raus’, und er versteht etwas von Steinen. Beim Tango erkennen wir uns schweigend an der Art und Weise unseres Tanzes. Selten haben wir die Gelegenheit, den anderen in einem anderen Kontext oder in seiner ganzen Komplexität zu erleben. Viel später erst habe ich erfahren, wer der Tangotänzer Uwe ist, wenn er nicht Tango tanzt. Meine Intuition hat mich nicht getrügt. Uwe Spiekermann ist Steinbildhauer. ... |
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Historia Osvaldo Fresedo - ‘El Pibe del Paternal’ von Olli Eyding Der körperlich kleine Osvaldo war einer der ganz Großen. Mit seiner äußerst eleganten Musik begründete er einen unvergleichlichen Stil, der andere Meister wie Carlos Di Sarli, Miguel Caló oder Florindo Sassone beeinflusste. Er machte über 1250 Aufnahmen, die erste im Jahr 1920, die letzte erst 1980. Keiner war so lange im Geschäft wie er. Der musikalisch hochbegabte und mit einem sehr feinen Gehör gesegnete Osvaldo stammte, anders als viele seiner Kollegen, aus einer durchaus wohlhabenden Familie. Natürlich erhoffte sich der Vater, ein erfolgreicher Geschäftsmann, dass seine Söhne in seine Fußstapfen treten würden. 1910 zog die Familie in das Viertel La Paternal um. Durch die Straßen zogen Drehorgelspieler mit ihren Organitos, die immer öfter Tangos erklingen ließen. Schon zuvor war Osvaldo von der Mutter, selbst Klavierlehrerin, musikalisch gefördert worden. Doch jetzt stürzte er sich leidenschaftlich auf die neue Musik. ... |
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Historia Ausgewählte Tangos - El Once von Olli Eyding Der Name dieses Tangos erscheint zunächst rätselhaft: Warum ‚Der Elfte’? Und wer soll sich vergnügen? Höhepunkt der Tango-Saison waren jahrzehntelang die riesigen Karnevalsfeste mit tausenden von Tänzern und über 30-köpfigen Orchestern. Doch auch die Bailes del Internado hatten vor und nach 1920 einen legendären Ruf. Internados waren Studenten der Medizin, die sich nach dem Studium in einem Praxisjahr befanden. Sie machten ab 1914 den ‚Tag des Frühlings’, den 21. September, zum ‚Tag der Studenten’, feierten in der Stadt, fielen durch wenig geschmackvolle Umzüge und Komödienspiele auf, die Krönung der Feierlichkeiten waren die Bailes del Internado. Für den ersten Ball am 21. September 1914 leisteten sich die Absolventen einen Vergnügungstempel der Extraklasse, den später von Angel D’Agostino im Tango selben Namens rückblickend mit Wehmut besungenen Palais de Glace (Eispalast). Ab 1916 fanden die Bälle im Pabellón de las Rosas statt, auch dieser Tanzpalast ist Namensgeber eines wunderschönen Vals (z.B. Juan D’Arienzo, 1935). 1924 veranstalteten die angehenden Mediziner zum letzten Mal ihr legendäres Fest. Es war das elfte. ... |
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CD-Recensión Osvaldo Pugliese y su orquesta típica - Instrumentales inolvidables Vol. 3 von Karin Betz Osvaldo Puglieses Orquesta Típica war eines der beständigsten der Tangogeschichte. Es währte von seiner Gründung im Jahr 1939 bis zum Todes des Maestros 1995, über weite Strecken in derselben Besetzung, natürlich (fast) durchgehend mit Pugliese selbst am Piano. Diese CD vereint Instrumentaleinspielungen des Orchesters aus der Zeit von 1946 bis 1959, die trotz der relativ langen Zeitspanne dieselbe unverkennbare Handschrift des Orchesters repräsentieren. Keine der Kompositionen stammt hier von Osvaldo Pugliese selbst, dafür sind einige Titel dabei, die in der Einspielung seines Orchesters zu Klassikern wurden. Allen voran und als erster Titel der CD wäre da Gallo Ciego zu nennen, der Blinde Hahn, was sich sowohl auf die traditionellen Hahnenkämpfe beziehen kann, als auch auf das harmlosere ‚Blinde-Kuh’-Spiel. Nicht von ungefähr stammt Gallo Ciego aus der Feder von ‚Don’ Augustin Bardi (1884-1941), einem der ersten Vollblutmusiker des Tango Argentino. Wie Pugliese war er Pianist, und wie Pugliese hegte er eine starke emotionale Beziehung zu seinem Instrument und zum Tango. Gallo Ciego, komponiert in den 1920er-Jahren und erstmals aufgenommen 1927, ist in dieser Einspielung von 1959 einfach mitreißend. … |
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